Aktuelles aus der Klinik

2. Murnauer Fachtagung AD(H)S und Entwicklung

12. Juli 2011

Verständnis für Zappelphilipp und Träumsuse

Fachtag AHDS und Entwicklung – hinter dieser Ankündigung verbarg sich eine hochspannende Veranstaltung in der Klinik Hochried. 220 Teilnehmer waren am 9.7.2011 gekommen, um die im Kinderbuch Struwwelpeter mit dem Zappelphilipp und dem Hans-guck-in-die-Luft so gut beschriebene Krankheit besser zu verstehen: Das von Fachleuten so genannten Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom, mit oder ohne Hyperaktivität, abgekürzt AD(H)S. Unter den Teilnehmern waren sehr viele beruflich interessierte Fachleute – Lehrkräfte, Sozialarbeiter und Therapeuten, aber auch Ärzte, Psychologen und Eltern, die ihr eigenes Kind besser verstehen lernen wollten.

Die Klinik Hochried hat als regionales Zentrum für Kinder, Jugendliche und Familien in Trägerschaft der Katholischen Jugendfürsorge geballtes Fachwissen und viel Erfahrung bei Krankheiten wie dieser zu bieten. In Workshops ermöglichten Referenten aus der Klinik und weitere Fachleute die genauere Betrachtung einzelner Aspekte. Leitende Oberärztin Dr. Daniela Zakis sprach über den Einsatz von Medikamenten bei ADHS. Sie schilderte die Chancen und Risiken der dafür verwendbaren Medikamente, und stellte auch die neuen Verordnungsrichtlinien vor: Erst wenn klar ist, dass das Kind ADHS tatsächlich hat und andere Mittel zur Behandlung nicht ausreichen, dürfen Medikamente verschrieben werden. Zakis stellte klar, dass diese Medikamente keine Abhängigkeit hervorrufen und auch die Kinder nicht ruhigstellen. Sie sieht die manchmal sehr umstrittene Frage, ob Kindern mit ADHS diese Medikamente verabreicht werden sollten, eher pragmatisch: „Medikamente sind weder Allheilmittel noch ein Graus. Aber sie regulieren die Störung.“ Die Diagnose ADHS und die Verschreibung eines Medikaments sollten allerdings nur erfahrene Fachleute vornehmen – „es braucht eine therapeutische Gesamtstrategie, zu der auch – aber nicht nur - Medikamente gehören“, so Zakis.

Dr. Marion Pothmann, leitende Psychologin in Hochried, schilderte die sozialen Probleme, die sich aus der mangelnden Konzentrationsfähigkeit und dem Verhalten der ADHS-Kinder ergeben. Manche Kinder und Eltern würden mehr unter der sozialen Außenseiterrolle als unter der Krankheit selbst leiden, so Pothmann. Gerade das angemessene Verhalten gegenüber Mitmenschen falle diesen Patienten sehr schwer, sie würden aber auch nicht selbst erkennen, was sie falsch machen. Und mit solchen Mitmenschen hat jeder seine Schwierigkeiten: sie werden dann zum Beispiel als Nervensägen empfunden, die keine Ruhe geben und nicht merken, dass es einem reicht – bis es zum Streit kommt. Typisch für ADHS-Kinder sei, dass sie ihr unangemessenes Verhalten als völlig normal deuten; dass sie selbst die Ursache dafür sind dass die Lehrerin wütend ist oder dass die anderen Kinder sie meiden kommt ihnen nicht in den Sinn. „Man muss die Kinder fördern, ihre Gefühle zu regulieren“, so Pothmann. Wichtig sei auch, mit ihnen über ihr Verhalten nachzudenken, ihr Selbstvertrauen zu fördern und ihnen Mut zu machen.

Chefarzt Dr. Stefan Springer behandelte in seinem Workshop die Themen ADHS und Autismus. Bei beiden Störungsbildern gebe es Gemeinsamkeiten, beide kämen typischerweise gemeinsam mit anderen Erkrankungen vor, und bei beiden gebe es bessere Chancen für die Entwicklung, wenn man sie frühzeitig erkenne, so Springer. „Das Wichtigste ist erst mal die Information der Eltern: Was ist eigentlich mit meinem Kind los?“ Springer schilderte, dass durch diese Aufklärung viel Druck aus den Familien genommen werde. Ansonsten sei häufig eine Spirale zu beobachten: Kind verhält sich falsch – Eltern schimpfen – Verhältnis wird schlechter - Kind verhält sich noch schlimmer.

Zu Beginn der Tagung hatte nach einem Grußwort von Bürgermeister Dr. Michael Rapp Hochried-Chef Dr. Hermann Mayer die Geschichte des ADHS beleuchtet. Prof. Dr. Franz Petermann von der Uni Klinik Bremen sprach zur Entwicklung von ADHS und Aggressionen, und der Wiesbadener Klinikdirektor Dr. Dieter F. Braus gab einen Einblick in die Arbeitsweise des Gehirns.

 

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