Aktuelles aus der Klinik

Legasthenie und Dyskalkulie:
Bundeskongress vom 18. bis 20. März 2011 in Erfurt

28. Februar 2011

Die Klinik Hochried nimmt am 17. Bundeskongress mit einem Vortrag durch Dr. Stephan Springer sowie als Aussteller teil.

Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten – multimodale Behandlungsmöglichkeiten in der stationären medizinischen Rehabilitation

www.bvl-legasthenie.de

Einleitung

Entwicklungsstörungen sind mit 5,7% Häufigkeit für die isolierte LRS und 4,2% für kombinierte schulische Entwicklungsstörungen häufig (von Aster 2006). Drei Ansätze der Behandlung haben sich aktuell in Studien als wirksam erwiesen: die frühe Förderung phonologischer Fähigkeiten im Vorschulalter, regelgeleitetes Einzel- und Gruppentraining der Rechtschreibleistungen im Schulalter und verhaltenstherapeutisch orientierte Programme zur Förderung der Leistungsmotivation im Schul- und Jugendalter. Bei (teil)stationärer Behandlung ist außerdem die Förderlichkeit konstanter Behandlungsgruppen erwiesen (Gehrmann 2008). Die Besonderheit der kinder- und jugendpsychiatrischen Rehabilitation nach dem Modell der ICF der WHO ist die Einbeziehung von psychosozialen Ressourcen neben den Defiziten und Belastungsfaktoren in der Diagnostik und die Orientierung an Aktivität und Partizipation (d.h. auch Schule und Lernerfolg) in der Therapie (Voll 2009). Da in der stationären Rehabilitation Entwicklungsstörungen häufige Diagnosen darstellen, wurde in der Klinik Hochried ein multimodales Behandlungskonzept unter Einbeziehung der o.g. Ansätze aufgebaut.

Methodik

Vorgestellt werden die Möglichkeiten der Vernetzung von medizinisch-psychiatrischer Diagnostik, Schule und Therapie und die Möglichkeiten der Einbeziehung von Aktivität und Teilhabe in die Behandlungsplanung als besonderes Merkmal der stationären medizinischen Rehabilitation speziell für Kinder mit Entwicklungsstörungen anhand der Behandlungsdaten der Klinik Hochried von 2010.

Ergebnisse

In der Rehabilitation der Klinik wurden 48,8% Kinder mit mindestens einer psychiatrischen Diagnose behandelt. Ein ADHS war in 7,8%, eine Lese-Rechtschreib-Störung in 10,8%, Sprachstörungen in 8,4%, und andere Entwicklungsstörungen in 3,2% im eigenen Kollektiv Behandlungsdiagnosen. Zu den häufigsten Aufnahmegründen gehörten der drohende Schulwechsel und die sinkende Therapiemotivation.

Die Kinder mit Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten als Haupt- oder Zweitdiagnose wurden in speziellen Therapiegruppen aufgenommen, insgesamt bis zu 200 Kinder pro Jahr. Die Rehabilitation unterscheidet sich von der ambulanten Behandlung durch die schulische Entlastung durch Unterricht auf dem aktuellen Niveau, durch die hochfrequente Förderung in der Kleingruppe und die Vernetzung von Rehabilitation, Schule und Weiterbehandlung. Sie unterscheidet sich von der stationären und tagesklinischen psychiatrischen Behandlung durch die kürzere Behandlungsdauer, homogenere Behandlungsgruppen, den geringeren Anteil einzeltherapeutischer Angebote und die stärkere Einbeziehung von Umfeld und Eltern durch Schulung und Nachsorge. Es wurden zwar nur in weniger als 20% der Fälle messbare Steigerungen der Lese-, Rechtschreib- oder Rechenleistungen innerhalb der maximal sechs Behandlungswochen erzielt. Die verbesserte Motivation zur ambulanten Fortsetzung lerntherapeutischer Angebote bei 80% der Kinder, sowie die explizite Vermeidung eines Schulwechsels durch Behandlung und Beratung bei mindestens 5% der Kinder stellen messbare Erfolge dar.

 

Diskussion
Die medizinische Rehabilitation stellt bei der Behandlung von Kindern mit schulischen Entwicklungsstörungen eine sinnvolle und wirksame Behandlungsalternative dar, da sie nicht die vorhandenen Fördermöglichkeiten und -programme für die betroffenen Kinder verdrängt oder ersetzt, sondern sie mit der Betonung der (neben dem Lernen) weiteren wichtigen Behandlungsschwerpunkte Teilhabe, Schule und Elternhaus und durch den multimodalen Behandlungsansatz sinnvoll ergänzt.


Literatur
Von Aster, M. G.; Kucian K.; Martin E. (2006). Gehirnentwicklung und Dyskalkulie. Sprache, Stimme und Gehör. Zeitschrift für Kommunikationsstörungen. 30; 154–159.
Gehrmann J.; Schwarz M.; Abedi G.; Boida E.; Wolf J. W.; Fies U.; Schwahn R.; Pellarin M. (2008). Tagesklinik als
therapeutischer Entwicklungsraum: konstante Behandlungsgruppen fördern stabile Bindungen und Ressourcen der
Familien. Forum für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. 18; 56–68.
Voll R. (2009). Soziale Partizipation und berufliche Integration als Ziel kinder- und jugendpsychiatrischer Rehabilitation. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. 37: 421–429

Schlüsselwörter
Entwicklungsstörungen, Lese-Rechtschreib-Störung, multimodale Therapie, Rehabilitation, Teilhabe


Korrespondenzautor
Dr. Stephan Springer » Tel. +49-8841-474 1002 / Fax +49-8841-474 1011 / springer@klinikhochried.de

 

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